Es ist schon spät. Mein Klassenkamerad Johannes und ich können der Vorlesung nicht mehr ganz folgen. Ich erkenne trotzdem eine sehr große Aufmerksamkeit um uns herum, anscheinend ist das letzte Kapitel des Romanes „Nachts ist es leise in Teheran“, geschrieben von Shida Bazyar, für die Anwesenden besonders interessant.
Die Lesung findet in einem Café in der Nähe des Feuersees statt. Die zwei Räume füllen sich langsam, überwiegend ältere Damen, Johannes und ich sind wohl die einzigen „Männer“ hier, was schnell sehr lustig angemerkt wird. Die meisten hier haben den Roman auch schon gelesen, gehen aber trotzdem noch einmal zu dieser Lesung des vierten Kapitels des Romans. Später kommt noch ein Lehrer unserer Schule dazu, was die Männerquote wieder anhebt.
Die Lesung beginnt, das Mikrofon funktioniert auf Anhieb. Die Stimme des Vorlesers ist sehr ruhig und das Kapitel bekommt irgendwie eine andere Wirkung, wenn es vorgelesen wird. Diese ruhige Atmosphäre hat jedoch auch eine Schattenseite, besonders, wenn man einen langen Schultag hat. Wir können der Lesung beide nach ca. zehn Minuten nicht mehr ganz so konzentriert folgen. Zu oft haben wir dieses Kapitel jetzt schon gelesen, zu ruhig ist die tiefe Stimme des Lesers.
Manchmal gibt es witzige Momente im Roman und wir lachen, auch um den Menschen um uns herum wenigstens zu zeigen, dass die „heutige Jugend“ noch Bücher liest und sie auch versteht. Ich glaube, wir machen beide, obwohl wir auf die anderen Besucher und Besucherinnen gelangweilt wirken könnten, einen relativ guten Eindruck. Nach einer Stunde und nach 10 Witzen später geht die Lesung zu Ende.
Kai Follmann