Liebste Stuttgarter,
heute Morgen wollte ich noch fragen, warum ihr nicht eure ganze Freizeit in den Weinbergen verbringt. Was für eine liebliche Landschaft! Sanfte Hügel durchzogen von leicht zu gehenden Wanderwegen. Ohne Asphalt wäre es noch schöner für die Füße. Die ersten Blätter drängen aus den knorrigen Stämmen, zwischen ihnen stehen Löwenzahn und Narzissen. Dicht neben und über mir kämpfen zwei Bussarde hart auf hart, bis es dem einen gelingt, den anderen zu vertreiben. Sofort wird er selbst von einer Krähe angegriffen. Das zarte Glockenspiel von Uhlbach dringt herauf. Die Mähmaschinen der Winzer klingen herunter. Unter dem Jägerzaun eines Schrebergartens quetscht sich ein Igel hervor.
Nach zwei Stunden Wanderung weiß ich, warum ihr im Schlossgarten unterm Baum liegt. Zum ersten Mal in der Saison trage ich Trekkingsandalen und meine Füße sehen aus wie kleine Zebras. Die Pflanzen lieben Südhang, mir reichte Ost- oder Westlage.
Wie herrlich ist es jetzt, in einen Hain zu treten. Obwohl ich daheim gern über dunkle Buchenwälder schimpfe.
Gestern Abend hatte ich die Ausstellung über die 60er Jahre im Haus der Geschichte besucht. Bei der Gelegenheit habe ich erst die fantastische Fassadenreihe bemerkt, zu der das Haus gehört. Weil unten der Gehsteig gesperrt ist, hatte ich sie bisher nicht wahrgenommen. Großartig! In den nächsten Tagen will ich ein Gebäude nach dem anderen besuchen und genauer betrachten. Bei den aktuellen Temperaturen wird es auf den Außenplätzen und Terrassen allerdings unerträglich heiß sein. – Wie im Weinberg, wo es mich ebenfalls wieder hinzieht.