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Katharina Kohm: Wasserstand, aktuelle Improvisation

Nymphenburg © Katharina Kohm
Nymphenburg © Katharina Kohm

Die letzten Wochen war ich ganz pragmatisch manchmal auf der Suche nach Wasser im Kessel, nach kleinen Oasen. Auch in Stuttgart war Regen rar. Aber an unerwarteten Orten kleine Pausen einlegen, lesen, mit Füßen in Brunnen ging gut. Dennoch Gedanken über Trockenheit, den Kessel, das Stauen von Luft und den blaue Himmel ohne Regen. Beim Teehaus sprudeln eingevierte Brunnen, in der Einkaufsstraße reicht ein angelegter kleiner Regen neben Bambus, um einen grünen, wasserfarbenen Eindruck einzufangen, der durch den Tag trägt. Kinder baden in öffentlichen Bottichen, jagen in der Innenstadt Seifenblasen nach.

Dennoch musste ich eine kleine Pause meines Aufenthalts einlegen, ausgerechnet wegen eines Wasserrohrs im Haus, eine undichte Stelle, Wasser dringt in Gebälk. Paradoxe Unterbrechung just des Aufenthalts. Kein Wasser außen, Wasser innen. Sich drum herum und damit arrangieren. Augenblicklich über den letzten Monat ortsabständig nachdenken, überarbeiten. Noch rohes Material einfügen.

Hier in Schloss Nymphenburg, München, an mein erstes gesprochenes Wort denken: Wasser. Sich spontan einstellen auf Gegebenheiten, auf Zufälle, gestern hat es gewittert. Wie ein kleiner Frosch Wasser auf der Haut fühlen, so ausgetrocknet. Durchatmend einen kleinen Eindruck auswerfen, abwerfen als Einblick in die Arbeit. Witzigerweise ging es in diesem ersten Stuttgart-Text um das Gebälk, die Besonderheit des Schriftstellerhauses, sein Alter, die Trägerbalken des Hauses, auf die man zur Decke hinsieht. Und um die Backstube im Hinterhof. Weiterhin schräg nach oben sehen, was von da noch so kommt, bereit sein.

Auszug aus “Rohling”, erster Entwurf vom 7.7.2022, 3:30h

Gebäck und Gebälk

dämmriger Blick

im Dachstuhl, über Bett

angedeutete Galerie-

etage über Eck:

tragende Balken.

 

Geruch und Uhrzeit kollidieren,

es wird lange nicht hell.

 

Kuchenformen hängen wie 

Weihnachtsbäume voll 

gegenüber, im Hintereingang

von Backstube.

Rückgeführtes Sprichwort:

No ned hudla rufen.

Luken auf 

im begrünten Flachdach

rumoren quaderförmig Fenster 

eines Raumschiffs, 

Zeitkapseln, eingelassen

ein gestrandetes

U-Boot im Hinterhof.

 

Umtrieb, Betrieb.

Immerzu Formen 

umstülpen.

 

Es klingt zuweilen wie

Schwanenflügel

rhythmisches Pfeifen, 

lauter leises 

Surren. Schwebebalken, in die

unruhige Träume aufsteigen,

balancieren. Vermischt mit Rufen, 

Arbeitsschritten, Anweisungen

unter Tage, wie auf Baustellen im verborgenen

Hinterhoftreiben. 

 

Ein kleiner Fuchs in der Fensternische schaut dämmernd zu.