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16. Juni 2018

Bei den vielen Lesungen und Gesprächen hier im Haus sowie dadurch, dass ich vielen Leuten mein Exposé und auch den Roman geschickt habe, um beides zu verbessern, ist mir eine Erkenntnis gekommen: Man braucht andere, um sich zu verbessern, das ist bekannt; andere glätten und schleifen Geschichten und Sprache aber auch so lange, bis sie glatt wie Fotomodelle sind und jede Individualität verloren haben. Mir ist das beim Exposé aufgefallen, das ich so lange habe verbessern lassen, bis es auf jeden Roman hätte passen können. Und bei Textauszügen wurde die Sprache so glatt und fein normiert, dass sie nicht mehr auf die schmutzigen und kantigen Figuren passte. Auf Individualität und Originalität ist also aufzupassen, Mitmenschen neigen dazu, sie zu glätten und zu schleifen. Auf der anderen Seite gilt es achtzuhaben, dass Mitmenschen noch mit einem leben können. Zwischen Gefallsucht und Dissozialität liegt der Mittelweg. Merkt ihr, mit den letzten beiden Sätzen bin ich ebenfalls so allgemein geworden, dass jeder nur nicken braucht. Dann aber ist die Grenze überschritten, jenseits werden Sätze unnötig, wir können das Reden und Schreiben einstellen.

Anja Liedtke
Anja Liedtkehttps://anja-liedtke.de/
Aus Bochum nach Stuttgart kommt von April bis Juni 2018 Anja Liedtke. Der Schritt dürfte ihr und ihren Figuren nicht so schwer fallen. Anja Liedtke arbeitet derzeit an ihrem fünften Roman “Ein Ich zu viel”. Im letzten Jahr überzeugte Liedtke mit ihrem Roman “Schwimmen wie ein Delfin oder Bowies Butler” Die promovierte Autorin schreibt Reiseerzählungen, Romane, Theaterstücke und Sachbücher. (Foto: Jörg Abel)