
Am 12. September lud das Literaturhaus Stuttgart zur 21. Stuttgarter Lyriknacht. In Kooperation mit der Stadtbibliothek und dem Schriftstellerhaus waren drei namhafte Schriftstellerinnen geladen.
Die Stadtbibliothek präsentierte Manon Hopf. Die Lyrikerin verhandelt in ihren Gedichten eine stetige Transition des eigenen Ichs. Identität wird immer wieder neu ausgelotet. Hopf stellt heteronormative Konzepte des Geschlechts in Frage und deutet allgegenwärtige Gewalt in Texten für sich um. Anhand dessen provoziert sie das Publikum darüber nachzudenken wo die Grenzen des Menschlichen verlaufen. Für Hopf sind sie offenkundig verwaschen. Sie wagt ebenfalls den Versuch den vorherrschenden Mensch-Natur-Dualismus aufzubrechen und auf ihre eigene Weise zu rahmen.

Das Literaturhaus blickt mit Nadja Küchenmeister in den Himmel. Die Autorin befasst sich mit dem Sternenbild des großen Wagens. Sie entgrenzt anhand dieses Sternen- und Gedankenbilds die herkömmliche Wahrnehmung. Obgleich der große Wagen auf der Nordhalbkugel immer zu sehen ist, ist er auf der Südhalbkugel nicht immer sichtbar. Unsichtbar bedeutet nicht nicht-wahrnehmbar. Einst wahrgenommen kehren Eindrücke immer wieder. Erinnerungen an Verstorbene und Vergangenes begegnen und überlagern sich. Die süße Abluft der Bäckerei, der Senfrest auf dem Teller, ein Wäscheklammerkleid. Nadja Küchenmeister webt ein lebhaftes Wortgeflecht, olfaktorisch und plastisch.
Das Junge Schriftstellerhaus verhandelt Vergängliches und Gegenwärtiges eindrücklich in einer performativen Lesung. Schimmeln. Wer schimmelt nicht? Was bleibt in einer Welt, die sterbliche Wesen erschafft? Gehört zum Kreislauf des Lebens nicht auch die bittere Erkenntnis der eigenen Vergänglichkeit? Vanitas-Metaphorik wird hier im Dialog verhandelt.

Das Schriftstellerhaus lud Lyrikerin und Malerin Doris Vogel zum Gespräch über ihren Gedichtband „Dieses Buch gehört dem König 2.0“. Biografische Szenen von Elvis Presley werden von Vogel in schillernden Sprachbildern gezeichnet. Wo verläuft die Grenze zwischen Person und Persona? Tausendfache Wiederholung des eigenen Namens in Fangesängen und Signierstunden entfremdet das Ich von sich selbst. Palindrom Elvis, LIVES – bedeutet er Leben? Wenn ja, wie viele? Ein Junge, der fremd ist. Nicht dazugehört. Ereignisse, die übertragbar sind auf jede und jeden. Vogel möchte in ihren Gedichten ein prototypisches Leben darstellen. Elvis als Person ist nicht unbedingt relevant. Je nach Lesart lassen sich Situationen vielfältig deuten. Doris Vogel ermöglicht mit ihrer lebhaften Lyrik eine Begegnung mit einem Menschen, dem man nicht mehr begegnen kann.
