
Als Jugendliteraturpreisträgerin und Absolventin der Kunstakademie Düsseldorf im Bereich Film und Video hast Du vielfältige künstlerische Ausdrucksmöglichkeiten. Was ist für Dich das Besondere am Schreiben?
Auf eine ganz banale Weise ist da, wie wenig Kram es zum Schreiben braucht. Dass an sich ein Stift und ein Blatt Papier oder das Handy oder was auch immer reichen, um Worte festzuhalten, ist etwas ganz Wunderbares. Oft sind auch in meine Arbeiten, die eher in den Bereich der bildenden Kunst fallen, Texte involviert. Sie überziehen Installationen, sind in Videos zu hören oder waren in der Ideenfindung entscheidend. Worte und Sprache sind für mich sehr wichtig. Ich bin vor allen Dingen an ihrer Fähigkeit, Gefühle und Empfindungen wiederzugeben und hervorzurufen interessiert.
So richtig kann ich keine Grenze zwischen meinem literarischen und künstlerischen Arbeiten ziehen. Verschiedene Ideen finden einfach verschiedene Wege, sich Ausdruck zu verschaffen. Das, was die Unterschiede ausmacht, sind dann eher praktische Aspekte. Viele meiner installativen Arbeiten sind ortsspezifisch. Es ist schwierig, sie in dieser Form mitzunehmen und an einem anderen Ort wieder genau so zu präsentieren. Mit meinen Texten finde ich es wunderbar, sie Menschen an unterschiedlichen Orten zugänglich machen zu können und den Rezipierenden eine größere Entscheidungsfreiheit zu erlauben, wo, wann und wie sie sich mit einem Kunstwerk auseinandersetzen möchten.
„lehr mich Spiegelschrift“ ist Dein Projekt in den kommenden Monaten. Beim Lesen der ersten Zeilen wechselt die Perspektive zwischen Menschen, Tieren und Dingen. Welche Rolle spielt die Belebtheit der Natur in Deinen Texten?
Die Belebtheit von Natur und auch Dingen ist etwas, das immer wieder in meinen künstlerischen Arbeiten auftaucht. Ich bin nicht spirituell, aber ich denke, mich fasziniert, wie wir als Menschen mit unserer Umwelt verworren sind. Unsere Wahrnehmung, unser Erleben, unser Erinnern der Welt ist immer von äußeren und inneren Einflüssen abhängig. In meinem Schreiben interessiert mich, die Grenzen zwischen dem Äußeren und dem Inneren zu verwischen. Was passiert, wenn der Körper nur eine Hülle ist? Wenn Pflanzen, Tiere oder Gegenstände eigene Wünsche entwickeln? Im gleichen Maße zu Akteur*innen werden wie Menschen?
Du wohnst nun am Charlottenplatz, einem Beton-Dschungel mit zehntausenden Autos und Straßenbahnen auf drei Ebenen. Wie kommst Du zurecht?
Vor meinem Zimmer in Düsseldorf ist auch eine mehrspurige Straße, auf der die Straßenbahn vorbeifährt, deswegen ist mir der Verkehr am Charlottenplatz nicht fremd. Mir ist sehr sympathisch, wie winzig das Stuttgarter Schriftstellerhaus zwischen seinen Nachbar*innen wirkt. Es wird von ihnen nicht bedroht, eher beschützt. (Da wären wir wieder bei meiner Belebtheit von Natur und Dingen.) Vom Schreibtisch aus nur das Hochhaus gegenüber zu sehen, ist schon speziell. Aber irgendwie ist die Spiegelung auf Fassade auch sehr schön. Sie wirft mir nachmittags Sonnenschein ins Arbeitszimmer.
Ich genieße es sehr, wie zentral die Wohnung ist, an wie viele Orte ich einfach mal eben spazieren kann. Und wenn es mir doch zu viel Beton und Verkehr und Stadt wird, ist ja auch ein Park und sogar Wald nicht weit.