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Weihnachtsempfehlung von Regina Rechsteiner: “Kindheit” von Tove Ditlevsen

Foto: Regina Rechsteiner
© Foto: Regina Rechsteiner

Liebe Freunde der Literatur,

Auf der Suche nach autofiktionalen Romanen bin ich in diesem Jahr auf “Kindheit” von Tove Ditlevsen gestoßen. Das Buch ist der erste Teil der sog. “Kopenhagen-Trilogie“ und wird als literarische Wiederentdeckung gefeiert. Tove Ditlevsen schrieb es in den 1940er Jahren. Sie gilt als eine der großen literarischen Stimmen Dänemarks und als Vorläuferin von Autorinnen wie Annie Ernaux und Rachel Cusk. Ihre autobiographische Prosa ist eindringlich und emotional sehr berührend.

In “Kindheit” erzählt Tove Ditlevsen vom Aufwachsen im Kopenhagen der 1920er Jahre in einfachen Verhältnissen. Tove passt dort nicht hinein, ihre Kindheit scheint wie für ein anderes Mädchen gemacht. Die Mutter ist unnahbar, der Vater verliert seine Arbeit als Heizer. Zusammen mit ihrer wilden Freundin Ruth entdeckt Tove die Stadt, aber eigentlich interessiert Tove sich für die Welt der Bücher und will Schriftstellerin werden. Die Geschichte ist eine sehr persönliche und gleichsam  universelle Erzählung über das Aufwachsen, die Suche nach Identität und das Ringen um Selbstausdruck in einer unterdrückenden Umgebung.

Was “Kindheit” für mich so besonders macht, ist Ditlevsens Fähigkeit, die Welt durch die Augen eines Kindes zu sehen und zu beschreiben. Ihre Darstellung der kindlichen Wahrnehmung ist ungeschönt und direkt, was dem Buch eine tiefe Ehrlichkeit verleiht. Das Buch ist eine Reise durch die verschiedensten Emotionen – von der tiefen Einsamkeit und dem Unverständnis gegenüber der Erwachsenenwelt bis hin zur flüchtigen Freude und der schmerzhaften Sehnsucht nach Zugehörigkeit.

Ditlevsen beschreibt ihre eigenen kindlichen Erfahrungen lebendig und detailliert, in einer präzisen und bildreichen Sprache. Sie schafft es, die Ambivalenz der Kindheit einzufangen – die Sehnsucht nach Unabhängigkeit und gleichzeitig das Bedürfnis nach Schutz und Liebe. Ihre Charaktere sind tiefgründig und komplex, besonders die Darstellung ihrer Mutter, die zwischen Zuneigung und Ablehnung schwankt.

Ich empfehle “Kindheit” von Tove Ditlevsen wärmstens. Es ist ein besonderes literarisches Werk, das bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat.

Viel Spaß beim Lesen!

Tove Ditlevesen: Kindheit. Kopenhagen-Trilogie 1. Aus dem Dänischen übersetzt von Ursel Allenstein. 118 S., Aufbau Verlag. Erhältlich als Hardcover, Taschenbuch und Hörbuch.

Die bibliographischen Angaben zur Bestellung im Buchhandel finden Sie hier

 

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